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Thema | Feuerwehr erhält Beschwerden über zu lautes Martinhorn #
| 70 Beiträge |
Autor | Stef8an 8D., Neunburg vorm Wald / Bayern | 860777 |
Datum | 08.08.2020 10:35 MSG-Nr: [ 860777 ] | 2544 x gelesen |
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Verkehrsunfall
Sorry Alexander,
meine erste Antwort war ziemlich knapp und im Nachhinein eigentlich nicht zufriedenstellend, ich würde noch gerne etwas ergänzen.
Ich würde Dir gern ein typisches Beispiel gegen, in dem das Horn bereits vor Ort darüber entscheiden kann, ob auch ein Verfahren gegen den Fahrer des Sonderrechtsfahrzeuges eingeleitet wird.
Stell Dir eine halbwegs Übersichtliche Vorfahrtsstraße innerhalb geschlossener Ortschaft vor, strahlender Sonnenschein, ein LF oder TLF ist nur mit Blaulicht unterwegs.
Der Autofahrer B kommt jetzt aus einer Querstraße/Einfahrt. Er sieht ein sehr gutes Stück entfernt den Lkw, erkennt ihn noch nicht als Feuerwehrfahrzeug, schätzt sie Geschwindigkeit falsch ein und begeht einen Vorfahrtsverstoß, es kommt zum Zusammenstoß. Bereits vor Ort erhebt B jetzt den Vorwurf das Feuerwehrauto sei viel zu schnell gefahren. Lassen wir das LF auch schneller als 50 gefahren sein, z.B. 65.
Jetzt müssen wir erst Mal festhalten, dass die Vorfahrt auch bei verkehrswidrigem Verhalten gilt. Dass B als Pkw-Fahrer hier schuldlos handelt, kann vorkommen, wenn die Straße unübersichtlich ist und das Feuerwehrfahrzeug mit der o.g. Geschwindigkeit plötzlich um die Ecke kommt, oder wenn der KdoW mit 150 in der Ortschaft angeflogen kommt. Hier hat er das Fahrzeug gesehen.
Die Frage ist nun, ob die mäßig überhöhte Geschwindigkeit, in Verbindung mit dem fehlenden Horn (mit) unfallursächlich war (Kausalität). Also stellen wir uns erst Mal die Frage, ob der Fahrer des Einsatzfahrzeuges eine Objektive Pflichtwidrigkeit begangen hat:
Hat er einen Geschwindigkeitsverstoß nach § 3 StVO begangen?
--> Nein, ein offensichtlich mäßiger Geschwindigkeitsverstoß ist durch § 35 StVO gedeckt
Hätte er warnen sollen?
--> ja, gem. RN 1 zu § 35 StVO
Ok, dann haben wir eine objektive Pflichtwidrigkeit. Jetzt stellen wir uns die Frage, ob diese Pflichtwidrigkeit auch Kausal für den Unfall war:
Wäre der Unfall passiert, wenn das Fahrzeug mit Horn gefahren wäre?
--> Wahrscheinlich nein, weil der andere Fahrzeugführer dann entweder gleich erkannt hätte, dass das Fahrzeug auf Einsatzfahrt ist oder aufgrund des Martinshorns kurz gewartet hätte und sich orientiert hätte und dann erkannt hätte, dass das Fahrzeug auf Einsatzfahrt und damit schneller ist.
Die restlichen Fragen der Fahrlässigkeitsprüfung sind einfach:
Vorhersehbarkeit?
--> Wenn ich schneller bin als normal und kein Horn benutze muss jeder, vor allem aber der geschulte Einsatzfahrer damit rechnen, dass er übersehen wird
Vermeidbarkeit?
--> richtig einfach: einfach Horn an oder langsamer fahren
Damit haben wir die 5 Punkte der Fahrlässigkeitsprüfung durch!
Du hast jetzt gesagt, dass bei einem Unfall mit Personenschaden immer ein Verfahren eingeleitet wird. Ich geb Dir jetzt mal ein Beispiel, das ich in so ähnlicher Form bereits mehrfach hatte, in dem das Horn bereits vor Ort den Fahrer entlastet.
Nehmen wir die von mir oben geschilderte Situation. In den ersten Zeugenbefragungen vor Ort ergibt sich folgendes Bild:
- der Pkw Fahrer, der hinter B gewartet hat gibt an, dass er bereits mehrere Sekunden vor dem Unfall das Horn gehört hat.
- der Pkw Fahrer, der hinter dem Feuerwehrfahrzeug gefahren ist bestätigt halbwegs die gefahrene Geschwindigkeit (oder ich kann sie aufgrund der bbH des alten TLFs, die eh nur bei 70 liegt nachweisen...)
Bei einem tödlichen VU wird immer noch ein Verfahren gegen den Sonderrechtsfahrer eingeleitet, weil es ihm in dem Todesermittlungsverfahren ja auch mehr Rechte gibt, wenn er als Beschuldigter geführt wird. Bei einer einfachen fahrlässigen KV wird jetzt schon gar kein Verfahren mehr eingeleitet. Die Vorfahrt gilt auch bei verkehrswidrigem Verhalten es Vorfahrtsberechtigten. In dem Fall hat sich der Sonderrechtsfahrer ja nicht mal verkehrswidrig verhalten, B konnte ihn sehen, das Horn war nachweisbar wahrnehmbar, er hätte erkennen können, dass das Fahrzeug auch schneller als für einen Lkw typisch heran kommt. Da kann er im Dreieck springen und behaupten das Feuerwehrauto ist schuld, weil es zu schnell war. Hier wird vor Ort mit großer Wahrscheinlichkeit bereits die Weiche gestellt und kein Verfahren gegen den Fahrzeugführer des Feuerwehrfahrzeuges eingeleitet.
Weil Du oben ein Beispiel mit Ampelregelung gebracht hast:
Lass an der Ampel einen grünen Blechpfeil sein, dann geht genau die Situation auch bei Grünlicht für das Feuerwerfahrzeug und Rotlicht für B.
Also Ja, auch bei eigentlicher Vorfahrt kann das Horn sehr wohl entlastend sein. Auch wenn ich gar nicht schneller gefahren bin als erlaubt. Das Problem kann hier (hatte ich auch in der Praxis schon mal) sein, dass aufgrund fehlender Bremsspuren die Geschwindigkeit nicht nachweisbar ist und der Gutachter einen Korridor von rund 20 km/h angibt. Hier kann es (zumindest im Zivilverfahren, im Strafverfahren ist das ja Gott sei Dank ausgeschlossen) sein, dass die erhöhte Geschwindigkeit aufgrund der Sonderrechtsfahrt einfach angenommen wird (Anscheinsbeweis).
Wie bereits in einem anderen Beitrag erwähnt:
Mir ging es primär darum Belege dafür zu bringen, dass das Martinshorn sehr wohl eine Warnfunktion hat. Diese Warnfunktion wurde dem Horn von anderen Diskussionsteilnehmern vollständig abgesprochen. Das kann man so nicht stehen lassen. Dass es nicht das einzige Regulativ ist, ist mir völlig klar.
Schönen Gruß und schönes Wochenende!
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