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Technisches Hilfswerk
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RubrikFeuerwehrtechnik zurück
Thema Neues FW-Beil bzw. Mehrzweckwerkzeug    # 20 Beiträge
AutorJose8f M8., Dillingen / Saar / Saarland826499
Datum10.01.2017 21:06      MSG-Nr: [ 826499 ]5323 x gelesen

Aus meiner Sicht ist das Feuerwehrbeil in der Tat dringend überarbeitungswürdig.
Ein kleines Brechwerkzeug stellt aber keine gute Alternative dar,
da ein solches (anders als in den USA) kaum geeignet wäre, typische deutsche Türen etc. zu überwinden.

Im Folgenden die Details zu dieser sehr knappen Zusammenfassung:

Die Grundanforderung an ein Feuerwehrbeil ist, dass es damit möglich ist Werkstoffe mit geringem Kraftaufwand einzuschlagen und zu trennen.

Die älteste mir bekannte Ausführung des aktuellen Beilkopfes stammt aus dem Jahr 1942, der Kopf mit Klinge und Hebelschneide war damals allerdings noch zeitgemäß mit einem Holzstiel ausgestattet. Die Bauform des Kopfes wurde folglich seit über 70 Jahren nicht verändert. Das muss nicht zwangsläufig schlecht für ein bewährtes Werkzeug sein es ist aber schlecht, wenn bereits vor 70 Jahren bessere Bauformen bekannt waren und erfolgreich verwendet wurden: die sogenannte Crash Axe die im Wesentlichen auch als Bergungsbeil des THW nachkonstruiert wurde, ist ein für Rettungszwecke deutlich besser konzipiertes Beil.

Der Kopf des deutschen Feuerwehrbeils wird von der Klinge aus zum Stielschaft hin keilförmig dicker. Diese Eigenschaft ist für ein Beil zum Spalten von Brennholz nützlich und unverzichtbar, für ein Feuerbeil dagegen kontraproduktiv: Die keilförmige Klinge klemmt sich sehr leicht fest, wenn ein Schlitz in einen Plattenwerkstoff geschlagen wird. Deshalb haben gute Feuerwehrbeile eine über die gesamte Länge gleichdicken Kopf; im Optimalfall, wenn das Beil aus einem einzigen Schmiedeteil besteht, wird der Beilkopf noch nicht einmal im Übergangsbereich zum Stiel dicker.
Die zweite wichtige Eigenschaft eines guten Beiles ist eine scharfe Spitze: eine solche dringt leicht in Werkstoffe wie Trapezblech oder Verbundsicherheitsglas ein und schafft damit ein Anfangsloch, um eine größere Zugangsöffnung zu schlagen.
Die klassischen Rettungsbeile sind üblicherweise auch durch Griffe aus Holz, Kunststoff oder kunststoffüberzogenem Metall mindestens im Niederspannungsbereich elektrisch nicht leitfähig. Dies war zwar bisher nie eine normative Anforderung an das deutsche Feuerwehrbeil, wurde aber durch den ehemalig geschlossenen Gummigriff trotzdem realisiert. Dieser Effekt wurde leider durch den in der letzten Normänderung aufgenommenen Dreikantschlüssel in der Verlängerung des Stieles aufgehoben, bei der mir vorliegenden Ausführung maß ich einen Widerstand in der Größenordnung von einem Ohm zwischen dem Dreikant und der Klinge. Zur Sicherheit der Anwender wäre es sinnvoll, künftig auch einen elektrisch nicht leitfähigen Stiel in die Anforderungen mit aufzunehmen.
Zusätzlich ließen sich leicht eine Nut im Beilkopf zum Nutzen des Beiles als Kupplungsschlüssel und eine Art Winkel an der Kopfoberseite zum Gebrauch als (rudimentäres) Hebelwerkzeug verwirklichen.

Rudimentär deswegen, weil ich mich recht lange mit der Wirksamkeit von Brechwerkzeugen befasst habe: In vielen Experimenten kam heraus, dass die absolute Mindestlänge eines Brechwerkzeuges zur gewaltsamen Türöffnung bei circa 50 Zentimetern liegt, dies erfordert aber im Vergleich zu einem effizienten, längeren Werkzeug deutlich mehr Hebelvorgänge und damit deutlich mehr Zeitaufwand. Als effizienteste Werkzeuglänge haben sich deshalb etwa 75 Zentimeter herausgestellt, 60 Zentimeter funktionieren mit Abstrichen auch noch.
Das aktuelle deutsche Feuerwehrbeil ist knapp 34 cm lang weit außerhalb jeglicher Länge, um daraus ein effektives Zugangsbrechwerkzeug zu gestalten. Natürlich ließe sich ein solches Werkzeug teleskopierbar bauen, wie es beispielsweise im Force-Rettungswerkzeug oder in diversen Paratech-Beilen verwirklicht wurde. Solche Werkzeuge sind dann aber auch nicht nur wesentlich teurerer als der Massenartikel Feuerwehrbeil, sondern auch wesentlich schwerer, das Einstiegsgewicht liegt bereits bei etwa 2,5 kg.

Nun zu der Idee eines Kompakt-Brechwerkzeuges:

Was soll mit diesem Werkzeug bewerkstelligt werden können?

In Anlehnung an das Feuerwehrbeil dürfte es maximal ein Kilogramm schwer sein und maximal 40 Zentimeter lang. Das wäre in etwa die Gewichts- und Größenordnung eines sogenannten Laminateisens, einer sehr schmal ausgeschmiedeten Brechstange. Damit ließe sich auch noch eine Fensterscheibe einschlagen, so ziemlich alles weitere, dass ein überarbeitetes Feuerwehrbeil wie oben beschrieben leisten könnte, entfiele aber völlig.

Zu den in den USA beschriebenen kurzen Brechwerkzeugen: Der Sinn des in den USA üblichen Officers Tools ist es, damit Zusatzschlösser entfernen zu können. Das könnte sogar auch an sehr preiswerten deutschen Zusatzschlössern funktionieren, ist aber eine völlig uninteressante Eigenschaft, wenn das Werkzeug zwangsläufig an dem hierzulande üblichen Profilzylinderschloss als Hauptschloss völlig versagt.

Deshalb könnte die Überarbeitung des Feuerwehrbeiles eine gute Chance darstellen,
ein richtig gutes Rettungsbeil zu konzipieren und einzuführen:

Schwer wäre es nicht, es wäre lediglich nötig das vorhandene Bergungsbeil des THW etwas anzupassen:
Insgesamt etwas verkleinern, den Dreikant am Stielende (elektrisch nicht leitfähig) anfügen, eine Nut im Dorn zum Gebrauch als Kupplungsschlüssel einpassen, einen Winkel zum Hebeln oben seitlich am Kopf anbringen (eine optimierte Version der Brechklinge des Force-Tools), dazu eine optimierte Scheide zur Einhandentnahme und es wäre richtig viel erreicht

Wir werden sehen.

Gruß aus dem Saarland

Jo

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