Geschrieben von Oliver S.
Mich würde mal interessieren, wo und wie diese Dinger gefüllt werden? Stehen die befüllt im Stall?
Die stehen befüllt im Stall. In den ländlichen USA (dies alles gilt nicht für die Großstadt!) sind die Wassertanker diejenigen Fahrzeuge, die am häufigsten alarmiert werden, und die meisten Kilometer fahren, weil es eben ganz normal ist, daß Du keinen Hydranten hast. Weil eine Feuerwehr allein nicht genug Wasser fahren kann, werden die Tanker hin und her gegenseitig ausgeliehen.
Ein praktischer Ablauf: In den richtig ländlichen USA steht kaum ein Haus direkt an der Straße, also mußt Du einen Weg reinfahren zum Haus und zum Feuer. An der Straße hälst Du mit dem Erstangreifer an, legst ein Sammelstück A-A auf A hin (also zweimal Rückschlagventil, nennt sich drüben "clappered siamese"), schließt den A-Schlauch oben auf dem Dach im "hose bed" an, und fährst schlauchverlegend rein zur Einsatzstelle. Dabei wird oft wenig zärtlich gefahren (und dementsprechend hatten die sofort Probleme, wenn ihnen irgendein Hersteller Aluguß-Storz aus China beschert hatte). Dieses erste Fahrzeug ist der "Attack Pumper".
Das zweite Fahrzeug könnte ein LF sein, oder ein Tanker. Sagen wir mal LF. Das hält an der Straßeneinmündung an, und positioniert sich dort sozusagen als Ersatz-Hydrant. Nennt sich "Supply Pumper". Der geht an die eine Seite des Sammelstücks, baut den Saugschlauch an die Pumpe, und alle AGT, die man dort nicht braucht, gehen vorne beim "Attack Pumper" helfen. Mit dem Fahrzeugtank des Attack Pumpers und dem des Supply Pumpers hat man die ersten Literchen zum Löschen - wenn man früh genug da ist für einen Innenangriff, kann allein das schon reichen.
Jetzt kommt der erste Tanker. Der hat auf jeden Fall einen großen Falttank dabei, üblicherweise an der Seite in einer Runterklapphalterung. Im besten Falle wird also der Falttank hingestellt, Saugschlauch rein, Wasser vom Tanker in den Falttank, saugen, Tanker fährt Wasser holen.
Weil auch in den USA die Feuerwehrwelt nicht immer perfekt funktioniert, macht man oft folgendes: Der erste Tanker geht an die andere Seite des Sammelstücks, und pumpt sein Wasser zum "Attack Pumper". Erst der zweite Tanker macht den Falttank voll. Wenn dann alles richtig funktioniert mit dem "Supply Pumper", geht der erste Tanker vom Sammelstück, lädt den Rest seines Wassers in den Falttank ab, und fährt ebenfalls Wasser holen.
Das dritte LF (in ländlichen Gebieten also eigentlich immer eines von Nachbarfeuerwehren, weil man nur eines oder zwei hat) fährt zur nächstpassenden Wasserentnahmestelle und macht dort eine Tankerbeladestelle auf. An der Straße Schläuche hinlegen, Verteiler hinlegen, A-Schlauch an den Verteiler, reinfahren zur Wasserentnahmestelle. Den Verteiler braucht man, damit man einen zweiten Tanker schon anschließen kann, während einer beladen wird.
Wenn's irgendwie geht, macht man mit einem weiteren zu Hilfe gekommenen LF eine zweite Wasserentnahmestelle auf, damit man Redundanz hat. Feuerwehrleute sind Pessimisten. ;-)
Tanker kommen vier bis acht normalerweise, die stehen gleich schon in der Ausrückeordnung für den Fall, daß das Feuer nicht beim Hydranten und nicht nahe eines Baches ausgebrochen ist. So eine Gruppe ist eine "Tanker Task Force" (im Westen der USA "Tender Task Force"), und wenn Du einen Großbrand hast, alarmierst Du eine zweite davon.
Hier ist ein Video von einer Pendelverkehrsübung mit vier LF und vier Tankern, auf dem Du auch die Wasserentnahmestellen sehen kannst. Die wollten allerdings nur 500 gpm, also 1900 l/min fahren, deshalb geht es an den Wasserentnahmestellen eher entspannt zu. Die haben noch nicht einmal einen Verteiler hingelegt, aber wenn man direkt von der Straße aus saugen kann, und zwei Entnahmestellen für nur vier Tanker hat, dann geht das auch so.
Geschrieben von Oliver S.
Fahren die dann den nächsten Wasserhochbehälter an, klemmen sich daran und pendeln wieder zurück oder gibt es in den Staaten andere Wasserleitungssysteme, die dann hochkapazitiv für den Pendelverkehr genutzt werden?
"Hochkapazitive Wasserleitung", in genau diesem Moment sieht Dich Dein US-Kamerad entweder verzweifelt oder verständnislos an.
Es ist in den USA völlig normal, daß ein Wohngebiet zwar am Wassernetz ist, der Durchsatz aber leider nicht für's Feuerlöschen reicht. (So etwas könnte Euch hier in Zukunft auch passieren, wenn die Leute immer weniger Wasser verbrauchen, und das Wasserwerk trotzdem die Keimzahl gemäß EU-Richtlinie einhalten soll.)
Es kommt auch schon mal vor in den USA, daß eine Firma eine hochkapazitive Langstreckenversorgungsleitung durch ein ländliches Gebiet legt, mit genau 0 Hydranten dran. Wenn Du betrachtest, wie gut manche Feuerwehren "drüben" das können mit dem Pendelverkehr, solltest Du immer dabei mit-denken: "Die können das, weil die Bedingungen so sind, wie sie halt sind." Wenn Deine Kameraden dort sich das aussuchen dürften, dann nähmen die mit Sicherheit Deine Hydranten und schenkten Dir ihre Tanker.
Eine Feuerwehr dort hat für ihren gesamten Ausrückebereich einen Katalog von Wasserentnahmestellen, jeder Bach, jeder Teich, jeder Hydrant, und häufiger mal wird eine Mischlösung gewählt: Nehmen wir mal an, Du hast ein schlappe Wasserleitung in einem nahegelegenen Wohngebiet, mit einem Hydranten, der nicht genug liefert. Dann stellst Du einen Falttank und ein LF neben diesen Hydranten, und fährst mit möglichst vielen Tankern die 1,5 km zum Hydranten. Den Rest holst Du über 4 km vom Bach (mal als Beispiel).
Was es in den USA überall gibt, weil die Feuerwehren dafür sorgen: "Dry Hydrants". Das ist ein Kunststoff-Installationsrohr mit Sauganschluß dran. Wenn der Bach dort, wo Du vernünftig drankommst, zu flach ist, und Du anderswo nicht richtig drankommst: Dry Hydrant. Wenn das Ufer vom See sumpfig ist: Dry Hydrant. Niedrige Brücke über den Bach: Dry Hydrant guckt durchs Geländer. Und wo das alles nichts hilft, werden halt Zisternen vergraben, wiederum mit Dry Hydrant.
Das ist die Normalität. Dann gibt es noch Ausnahmefeuerwehren, die in ihrem ländlichen Bezirk auch abseits der Hydranten die gleiche ISO-Bewertung wie viele Großstadtberufsfeuerwehren bekommen haben. Bei denen kannst Du dann beispielsweise sehen, daß an Straßenkreuzungen so etwas herumsteht wie früher die Wasserbefüllanlagen für Dampfloks, gespeist aus großer Zisterne mit dicker Elektropumpe, und die Tanker sind oben offen, damit man nur drunterfahren muß. 50 Sekunden, 12000 Liter drin.
Aber das sind Ausnahmen, die man nur mit den Auswirkungen der in den USA verwendeten Feuerwehr-Bewertung erklären kann.
Beste Grüße
Hans-Joachim Zierke
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