Ich kann Jürgen hier nur zustimmen. Ich kenn die Sache von zwei Seiten - als Firma und als Kunde.
Leider hilft heutzutage häufig nur eine Anzeige und die schnelle Einschaltung eines GV, um an sein Geld oder seine Ware zu kommen.
Z.B. in unsrem Unternehmen (Groß- und Einzelhandel). Die letzten Zahlungsaufforderungen bei regelmäßig säumigen Kunden waren meist wirkungslos, selbst Besuche des GV brachten keinen Erfolg. Aber ALLE Schuldner kamen in die Gänge und bezahlten die Forderungen zumindest größtenteils, nachdem ihnen eine Anzeige wegen Betrug ins Haus flatterte. Warum sollte man, gerade bei Neukunden, auf irgendwen Rücksicht nehmen? Wenn ich 2-3 Monate auf Lieferschein kaufe und keine Rechnung bezahle, muss ich halt damit rechnen, dass es eng wird. Die nehmen auch keine Rücksicht darauf, dass wir am Ende des Monats unsere Angestellten bezahlen müssen.
Aber auch als Kunde hab ich da schon einiges erlebt. Bei eBay von einem Händler mit durchweg positiven Bewertungen, allerdings erst paar Monate bei eBay. Geld per Vorkasse überwiesen und trotz mehrmaliger Aufforderung und eMails nichts gehört und keine Ware erhalten. Nur Vertröstungen in den ersten zwei Wochen und dann kein Kontakt mehr. Nach 4 Wochen bekam er dann ne schriftliche Aufforderung zur Lieferung binnen einer Woche. Das Einschreiben kam an, wurde aber nicht beantwortet. Als ich die Strafanzeige gestellt hab, lag zwei Wochen später eines Morgens ein Paket vor meiner Türe mit der Ware, ohne Versandaufkleber, nur mit einem langen Brief dabei, dass ich doch bitte meine Anzeige zurückziehen möchte und er sich entschuldigt. Er hat das Paket eigenhändig von Freiburg zu mir gefahren. Einfach 450 Kilometer... Das hätte er sich alles sparen können. Wenn es nur mit Druck geht - bitte!
Ich würde mich niemals über mehrere Monate vertrösten lassen. Die haben MEIN Geld oder MEINE Ware. An das Gute im Menschen glaub ich in der heutigen Geschäftswelt, wo jeder sofort einen Offenbacher macht, nicht mehr wirklich. Bei Schwierigkeiten oder Forderungen gilt: First come, first served!
Und gerade weil sich viele Leute mit dem Argument: Umzugsstreß, zu viele Aufträge, Chaos usw immer wieder vertrösten lassen. Wenn ich heute ein Geschäft habe, dann hab ich verdammt nochmal eine Verantwortung und eine Verpflichtung. Selbst die billigste Warenwirtschaftssoftware, die sich jeder Startup leisten kann, sagt mir sofort, welche Bestellung offen, bezahlt oder erledigt ist. Da kann zu 99% nichts verloren gehen oder vergessen werden. Nur häufig wird da an sowas gespart, es werden Excelvorlagen als Rechnungen gebastelt, man hat keinen Überblick über die Aufträge, Zahlungen etc.
Durch meine Tätigkeit kenne ich auch genug Existenzgründer, denen der Kauf eines PCs für 300 Euro und eine Warenwirtschaftssoftware für 100-150 Euro zu viel Geld waren. Keiner von diesen hat die ersten beiden Jahre überstanden und die Zahl der Kunden und Lieferanten, die ihr Geld oder ihre Ware im Abwärtsstrudel dieser Unternehmen verloren haben, ist ziemlich hoch. Deswegen kann ich euch nur sagen: Jeder hat seine Chance verdient. Es kann auch mal sein, dass man krankheitsbedingt 2-3 Wochen Probleme hat als Alleinunternehmer. Aber alle Verzögerungen, die über 2-3 Monate hinausgehen, sollten bei euch die Frage aufwerfen: "Will der mich eventuell übers Ohr hauen? Oder ist er einfach nur unfähig seinen Betrieb aufrecht zu erhalten?" Beides keine Leute, mit denen ich Geschäfte machen möchte!
Und NEIN ich unterstelle es keiner hier im Thread genannten Firmen, unter einer dieser Kategorien zu fallen. Die Ausführungen sind abstrakt auf meine Lebenserfahrung bezogen.
Manchmal einfach die rosarote Brille absetzen, sich ein kühles (alkoholfreies) Bier in die Hand nehmen und die Sache mal abstrakt von außen betrachten. Spätestens dann sollte man (ohne die Hilfe anderer) merken: Da läuft was falsch!
Alles meine private und persönliche Meinung!
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