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Spezialeinsatzkommando
RubrikEinsatz zurück
Thema Gasflaschen und Feuer (war: Erfolgreiche Taktik: brennen lassen!)22 Beiträge
AutorHenn8ing8 K.8, Dortmund / NRW700572
Datum29.10.2011 14:39      MSG-Nr: [ 700572 ]16283 x gelesen

Mahlzeit!

Geschrieben von Jens RugenWas ist die empfohlene Vorgehensweise, oder anders formuliert, wie sieht das Lehrbuchvorgehen aus?

Zunächst sind hier drei (bis fünf) Fälle zu unterscheiden:

1. Gasflaschen mit Hochdruckgas:

Eine Gasflasche, in die das Gas einfach hinein gedrückt wird. Gibt es z.B. bei unseren Atemluft- oder Pressluftflaschen, weiterhin für Schutzgase, Wasserstoff, Erdgas (auch im Kfz-Bereich) und Sauerstoff.

Wird die Flasche mit übermäßiger Wärme beaufschlagt, besteht die Gefahr des Gefäßzerknalls durch den steigenden Innendruck und (vor allem bei direkter Flammeneinwirkung) durch Schwächung des Behältermaterials.

Also muss die Flamme möglichst schnell massiv gekühlt werden, am besten aus der Deckung heraus. Wenn die äußere Wärmeeinwirkung unterbunden ist, besteht recht schnell keine besondere Gefahr mehr. Die Flasche kann dann auch bewegt werden (z.B. aus einem Gebäude heraus, um den Inhalt im Freien abströmen zu lassen)

2. Gasflaschen mit Flüssiggas:

Hier ist das Gas unter Druck verflüssigt. Die Flasche darf aber niemals ganz mit der Flüssigkeit gefüllt werden, es muss oben noch ein Gaspolster als Ausdehnungsreserve vorhanden sein (sonst würde die Flüssigphase bei Erwärmung die Flasche hydraulisch sprengen). Verwendung vor allem beim klassischen Flüssiggas Propan/Butan, auch im Camping- und Kfz.-Bereich sowie CO2, auch als Löschmittel.

Bei Wärmebeaufschlagung gilt zusätzlich zu den unter 1. aufgezählten Gefahren, dass durch die verdampfende Flüssigphase ein weiterer Druckanstieg erfolgt; brennbare Gase führen nach dem Zerknall des Druckbehälters i.d.R. zu einer Raumexplosion mit beträchtlichem Feuerball (einfach mal mit dem Stichwort BLEVE nach Videos googeln). Die Behälterwandungen sind besonders im Bereich oberhalb der Flüssigphase gefährdet, weil dort die Wärme nicht über die Flüssigkeit abgeführt werden kann.

Maßnahmen: wie unter 1.

Ein ggf. vorhandenes "Überdruckventil" (i.d.R. eine Berstscheibensicherung) kann bei Erwärmung durch Beflammung (also im Brandfall) den ansteigenden Überdruck nicht unbedingt zuverlässig abbauen!

3. Gasflaschen mit gelöstem Gas:

Hier ist die Flasche mit einer porösen Masse gefüllt, in der sich eine Flüssigkeit befindet. In dieser Flüssigkeit ist das eigentliche Füllgas gelöst. Klassischer Anwendungsfall ist die Acetylangasflasche.

Hier besteht neben den unter 1. genannten Gefahren zusätzlich die Gefahr der Acetylengaszersetzung. Ein chemischer (*grübel* oder physikalischer??) Effekt innerhalb der Flasche, der ohne Beteiligung von Luftsauerstoff abläuft. Ist dieser Vorgang durch äußere Hitzeeinwirkung oder Flammenrückschlag einmal in Gang gekommen, kann er eigenständig und sich selbst verstärkend weiterlaufen und auch längere Zeit später (also nach Ende der äußeren Erwärmung) noch zum Gefäßzerknall führen.

Deswegen gelten für die Acetylengasflaschen besondere Maßnahmenempfehlungen:
Auch diese Flaschen sind bei äußerer Hitzeeinwirkung massiv zu kühlen. Bleibt die Flasche jedoch trotzt Kühlung heiss (Wasser verdampft sofort bei Unterbrechung der Kühlung), muss auch nach Abstellen der äußeren Wärmeeinwirkung weiter gekühlt werden. Die Flasche darf dann nicht bewegt werden, auch soll die Flasche nicht durch Öffnen des Ventils entleert werden. Wenn eine weitere Kühlung unter sicheren Rahmenbedingungen nicht möglich oder sinnvoll ist, kann in diesem besonderen Fall die Gasflasche durch Beschuß geöffnet weden. (Das wird i.d.R. nur das SEK können: Perforieren des Flaschenmantels mit Stahlmantelgeschossen, sofortige Entzündung des austretenden Gases mit Leuchtspurgeschossen).
Verdampft das Wasser nach dem Kühlen erstmal nicht sofort, soll die Flasche mindestens 24h weiter gekühlt werden, hier kommt der schon erwähnte Bach oder Teich ins Spiel.

4. Fässer:

Auch hier kann durch erhöhten Innendruck und wärmebedingte Schwächung des Behältermaterials ein Zerknall passieren.
Deswegen im Brandfall ebenfalls aus der Deckung heraus kräftig kühlen. Nach Löschen des Feuers schnell keine besondere Gefahr mehr.

5. Gasleitungen (ortsfest):

Hier besteht die Besonderheit, dass eine undichte Gasleitung nach dem Löschen des Feuers i.d.R. nicht aus dem Brandbereich ins Freie gebracht werden kann, so dass nach Löschen des Gasbrandes weiter brennbares Gas ausströmen und eine Explosionsgefahr verursachen würde.

Deswegen gilt für diesen Fall die Regel, das Feuer an der Gasleitung selbst nicht zu löschen, sondern die Leitung abzuschiebern. Die Umgebung darf und soll natürlich mit entsprechend dosiertem Einsatz von Wasser gekühlt bzw. auch abgelöscht werden.


Das war jetzt das, was von 25 Jahren Feuerwehr-Ausbildung so hängen geblieben und präsent ist, Ergänzungen und Korrekturen sind willkommen ;-)

Gruß,
Henning



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 29.10.2011 13:12 ., Bremervörde Erfolgreiche Taktik: brennen lassen!
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