Moin,
so, ich habe mir nun mal alles durchgelesen. Ich wage nun mal einen Einsatz in drei Einsatzabschnitte einzuteilen und die Vor und Nachteile der Löschmittel zu beschreiben:
Initialphase: An eine direkte suffiziente Brandbekämpfung ist noch nicht zu denken, Vorrang hat hier der Objektschutz. Hier kann Gel nach einhelliger Meinung der Disskutanten Punkten. Alternativ kann CAF Anwendung finden, setzt aber teure und nicht überall vorhandene zusätzliche Ausrüstung voraus, die nicht in der Norm von Löschfahrzeugen enthalten ist. Gel dagegen kann ohne zusätzliche Ausrüstung Anwendung finden. Wasserwände scheiden meist wegen ihrem sehr hohen Wasserbedarf aus, da ständig Wasser nachgeführt werden muss.
Brandbekämpfung bis "Brand unter Kontrolle": Hier wird unterschiedlich argumentiert. Wasser/Netzwasser wird eine nachhaltigere Wirkung unterstellt, weil es in der Lage ist, in das Brandgut einzudringen. Diese Fähigkeit scheint aber Umstritten. In Brandstoffen mit hoher Dichte scheint auch Netzwasser nicht so gut einzudringen, es findet aber auch kein "Einfressen" des Feuers statt. Anders dagegen bei lose gehäuften oder gpressten Brandstoffen. Hier scheint Wasser besser einzudringen , jedoch auch schneller wieder aus dem Brandgut herauszufließen. Hier findet aber ein gewisser Wärmetransport weg vom Brandherd statt, welcher die Wirkung des Wassers durch Verdunsten und Sauerstoffverdrängung zu unterstützen scheint. Gibt es hierzu Versuche, die den Umfang dieses Effekts dokumentieren?
Schaum wird hier als mögliches Löschmittel genannt, unter der Annahme, daß brennender Kunststoff zur Brandklasse B zuzuordnen ist. Hier kommt es in erster Linie zu Stickwirkungen, und nur in sehr geringem Umfang zu Kühlung und Sauerstoffverdrängung. Schaum dürfte auch nur sehr wenig ins Brandgut eindringen und wenn, dann eher als Netzwasser, welches aus kollabiertem Schaum stammt. Problematisch ist hier die Umweltverträglichkeit gerade der AFFF-Schäume und die Neigung des Schaumes zu fließen, so daß Schaumteppiche schnell wieder aufreissen. Da die Brände nur erstickt wurden, die Wärme aber nicht abtransportiert wurde besteht eine deutliche Gefahr der Rückzündung. Auch besteht Gefahr für die Einsatzkräfte, da durch den Schaum, welcher von sich aus über die ganze Einsatzstelle fließt, Gefahrstellen nicht mehr gesehen werden können. Auch die Giftigkeit und krebsanregende Wirkung gerade der weit verbreiteten AFFF-Schaummittel ist kritisch zu betrachten. Meines Erachtens nach ist Schaum hier wie bei allen Klasse A Bränden nicht geeignet.
Klasse A Schaum: Schaummittel für die Bildung von CAF scheint umweltverträglicher zu sein. Es bleibt bedingt auch an senkrechten Flächen kleben und ereicht seine Wirkung durch ersticken. Die Fliessneigung ist gegenüber den Klasse B Schaummitteln deutlich vermindert. CAF dringt nicht in das Brandgut ein. Vorteil ist die schnelle Niederschlagung des Feuers, Nachteil die geringere Stabilität unter Hitzeinwirkung, da der Wasseranteil pro Volumen gering ist. Nachteil ist aber die recht aufwändige und kostenintensive Herstellung. Da die Generatoren teuer und nicht Normbestandteil von Löschfahrzeugen sind, dürfte die Verfügbarkeit als gering eingestuft werden.
Löschgel: Es bleibt auch an senkrechten Flächen kleben und entzieht dem Brandgut Hitze durch verdunsten und verdrängen, allerdings in einem geringeren Umfang als normales Wasser. Es dringt nur wenig bis garnicht in das Brandgut ein. Bei geschlossener Geldecke hat es die Fähigkeit zum Ersticken, die Geldecke ist dabei sehr stabil, da sie nicht zum Aufreißen neigt. Sie ist für Menschen ungiftig und nur in geringem Maße gewässergefährdend. Vorteilhaft ist dabei, daß es i.d.R. nicht unkontrolliert in Gewässer fließen kann wie es Schaum und Wasser vermögen. Vorteil ist das schnelle Niederschlagen der Flammen. Nachteilig scheint die Wirkung des Gels als Gleitmittel, welche aber von den Anwendern anscheinend nicht als nachteilig empfunden wird.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Wasser und Gel die einzigen wirklich geeigneten Löschmittel für Großbrände der Klasse A sind. Wasser kann besser die Wärme abführen, fließt aber schnell weg und muss ggf. durch Dämme und Barrieren gehindert werden, Gewässer zu verunreinigen. Gel hat diese Fließneigung nicht, scheint aber auch nicht in dem hohen Maße Wärme abführen. Interessant wäre meiner Meinung nach, ob es möglich ist, das Gel so herzustellen, daß es zum Eindringen flüssig genug ist einerseits, es aber auch nicht gleich wieder aus dem Brandgut herausfliesst andererseits. Auch eine Zugabe von Netzmittel zum Gel wäre mal eine Versuchsreihe wert. Klassischer Löschschaum erscheint dagegen nicht geeignet und mit zu hohen Risiken für Mensch und Umwelt verbunden. CAF, obwohl grundsätzlich geeignet, hat die gleichen vor und Nachteile wie Gel, ist aber nicht in einer ausreichenden Menge herzustellen. Auch die durch hohen Materialaufwand teure Herstellung ist nachteilig.
Da Gel schneller die Flammen nieder zu schlagen scheint als Wasser ist ein schnellerer Erfolg in dieser Einsatzphase wahrscheinlich.
Ablöschen und Nachlöscharbeiten: In dieser Einsatzphase ist es möglich, das Brandgut nach und nach auseinander zu ziehen und abzulöschen. Der Löschmittelaufwand ist punktueller und damit insgesamt pro Zeiteinheit geringer. Klassischer Löschschaum ist hier zwar eher sinnvoll einsetzbar, aber noch immer nicht das Löschmittel der Wahl. Alle anderen bisher genannten Löschmittel sind geeignet. Löschwasser hat hier den Vorteil, daß es sehr billig ist und nahezu unbegrenzt zur Verfügung steht. Gel hat den Vorteil, daß es bei ausreichender Benetzung ein Rückzünden verhindern kann, wenn Löschwasser schon wieder abgetropft ist. Dazu muss aber das Gel sorgsammer aufgebracht werden, da es sich nicht so gut verteilt wie wasser. Hier ist wieder der Grad der Viskosität interessant, unter welchem man beide Vorteile im angepasst hergestellten Gel vereinen kann. Nachteil ist hier , daß Gel natürlich schon teurer ist, als reines Wasser. Damit sollte man schon die Frage stellen, wie hoch die Gefahr der Rückzündung ist. Klasse-A-Schaum ist hier möglicherweise wieder sinnvoll anzuwenden, untersteht aber der selben Indikationsstellung von Gel bei allen bisher beschriebenen Nachteilen. Auch kann ein intensiveres wieder aufflammen des Feuers vorkommen, sobald die erstickende Löschmitteldecke aufreißt. Da dieses aber ein sehr lokales geschehen ist, halte ich diesen Effekt für beherschbar.
Zum Gel generell kann daher gesagt werden, daß es zwar in der ersten und zweiten Einsatzphase Vorteile zu haben scheint. Leider hat Gel noch keine große Verbreitung gefunden, so daß es wahrscheinlich keine ausreichenden Mengen an Gelbildner an der Einsatzstelle geben wird. Eine Zuführung durch den Hersteller im Einsatzfall ist zeitaufwändig, weshalb es zur Zeit nur ein dasein als Spartenlöschmittel führt. Ob dieses dasein zu recht ist dürfte in Frage stehen, zumal es eine gute und kostengünstige Alternative zum investitionsintensiven Klasse-A-Schaum sein dürfte.
Gruß aus dem Rheiderland
Lutz
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