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Berufsfeuerwehr
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RubrikSonstiges zurück
ThemaMalawi die Letzte3 Beiträge
AutorKlau8s B8., Isernhagen / Nds550928
Datum29.03.2009 22:16      MSG-Nr: [ 550928 ]4027 x gelesen

Moni bambo i Mai

hier noch einmal ein Bericht meiner letzten Reise als Ausbilder der BF Blantyre.

Auch hier gilt die Warnung: Wer es nicht lesen will muss es gar ninth sperren, sondern schlicht nicht anklicken.

Gruß
Klaus


Malawi – die letzte.
**********************

Die Atemschutzgeräte sind in Blantyre angekommen, meine Sorge ist es, dass die Leute damit Dummheiten machen. Ich muss wieder hin!

Gleich zuvor: Es wird die schlimmste aller Reisen, die enttäuschendste - und die erfolgreichste.

Doch von Anfang an: Beim Chef stößt das Ganze auf wenig Liebe, aber der Dezernent sieht die Sache mit meinen Augen. Also wieder wie gehabt, meine Edith wieder dabei.

Hätte ich geahnt, was von uns abverlangt würde, nie hätte ich es getan. Auch meine Begeisterung hat Grenzen.

Es fängt damit an, dass wir am Flughafen abgeholt werden und dann von dem zuständigen Mann erfahren müssen, man habe vergessen, für uns ein Hotel zu buchen. Man wisse bis jetzt noch nicht, wohin mit uns.

Ausgerechnet diesen Tag beginnt in Blantyre eine Konferenz der South African Developping Community, einer Organisation von 18 Staaten der südöstlichen Region unter Schirmherrschaft Nelson Mandelas und auf hundert Kilometer im Umkreis ist nicht einmal eine Backpacker Lodge in der Lage, noch einen weiteren Gast aufzunehmen.

Wie das hat passieren können? Die Verwaltung weiß ja von unserem Kommen seit Wochen.

Ganz einfach: Der Stadtdirektor ist mal wieder nicht im Lande, er studiert in Schottland die Juristerei und sein Vertreter ist der Flexibelste nicht. Er überläßt die Organisation dem dritten Mann in der Stadtverwaltung und Lixon, den Namen bitte merken! ist ein durch und durch korrupter Bursche.

Ich habe das Gefühl, dass in der Zeit der Abwesenheit des Stadtdirektors (Don) eine kleine Palastrevolution statt findet. Man nimmt die Gelegenheit wahr, dort gegenseitig kräftig an den Stühlen der Anderen zu sägen.

Nachdem wir zwei Stunden von Hotel zu Hotel gefahren sind, um zu sehen, ob nicht für drei Tage doch noch irgend ein Bett frei wäre und ich mich bereits mit dem Gedanken vertraut mache, im Flughafen eine Nacht auf der Bank zuzubringen, um am nächsten Tag wieder heimzufliegen kam Lixon mit einem letzten Vorschlag raus: „Ich kenne hier einen Club, der einem Deutschen gehört.“

Dieser Club hat auch drei Gästezimmer, die aber auch alle belegt sind. Die Frau des Clubbesitzers, es tobt da gerade eine tolle Party hat Erbarmen und sagt, sie könne uns nur das Kinderzimmer ihrer Tochter, die zur Zeit in Zypern sei zur Verfügung stellen. Hurra und Banzai, besser als eine Flughalle alle Male und wir haben da auch nach der langen Reise letztendlich hervorragend geschlafen.

Aber erst mal wieder runter an die Bar, der Besitzer kommt inzwischen zurück, legt eine Pistole auf den Tisch und sagt: „Hallo, ich bin der Peter, wer bist du?“ So, das ist geklärt. Er ist unterwegs gewesen, hat ein paar Polizisten gemietet, die seinen Club bewachen sollen, weil der bei einer ähnliche Veranstaltung schon mal ausgeräubert wurde.

Peter, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich jemals einen Mann wie ihn wieder kennen lernen werde.

Nach seiner Vorstellung ein Baron von K, Graf zu G. und, so peu à peu persönlicher Freund Saddam Hussains, persönlicher Freund des König von Jordanien, des malawischen Präsidenten Mluzi, des ehemaligen ägyptischen Präsidenten, von Ronald Reagon, außerdem Sonderbotschafter der Republik Tovalu etc. etc.

Das wird mir nun doch ein wenig viel, solche Dinge mag ich nicht und ich melde auch leise Zweifel an.

Peter kommt mit zwei dicken Alben, in einem Bilder mit all den genannten Herren und ihm und in dem Anderen Briefe wie: „Dear Peter... your kindly friend Ronny“ im Kopf das Staatswappen des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Da habe ich aber erst einmal geschluckt.

Ich erzähle ihm, dass ich seit 1972 als Fachjournalist für eine große, im gesamten deutschen Sprachraum erscheinende Feuerwehrzeitung arbeite und er erklärt den Hintergrund seiner Bekanntschaften: Er ist Journalist für mehrere deutsche und ausländische Agenturen, unter anderem auch für die Rotchinesen.
Die habe ich dann prompt kennen gelernt.

Es sind drei, einer davon spricht kein Wort Englisch, das ist der politische Kommissar, der über Moral und sozialistisches Verhalten wachen soll.

Was die beiden anderen nicht hindert, die Freuden der Menschheit auszukosten.

Übrigens: Weshalb jeder der chinesischen Journalisten im Ausland einen Diplomatenpass hat, das hat etwas mit ihrer Nebentätigkeit für den chinesischen Geheimdienst zu tun.

Ma, einer von ihnen, ein ganz Netter will mich erst einmal testen und es wird beschlossen: Nächsten Abend Umtrunk. Das ist bei den Chinesen so wie bei den Russen: Man ist erst akzeptiert, wenn man mit denen getrunken hat, bis einer unter dem Tisch liegt.

Also losgezogen, Erdnüsse gekauft, die dann in der Küche geröstet werden und dann geht es los. Drei Mann, ein einhalb Flaschen Wodka, der Bethge landet kopfüber in einem Bambusbusch.

Aber seitdem sind wir echte Freunde und haben viel zusammen unternommen.

Soviel zu Peter, das Thema ist ja die Feuerwehr und Randgebiete der Entwicklungshilfe. Peter und seine Frau Uschi haben uns in Malawi ungeheuer geholfen, speziell, als es zu dem Eklat mit Spendengeldern kommt.

Ziehen wir diese Geschichte einfach mal vor: In Hannover ist eine alte Lehrerin gestorben und hat testamentarisch verfügt, dass alle Gelder von ihr plus Spenden für die Beerdigung nach Malawi gehen sollen, zugunsten einer Schule.

Ich habe mich umgehört und finde eine Grundschule für Mädchen in dem Viertel, wo ich meine wilden Abenteuer während des Bürgerkrieges habe.

Dort hingefahren, mich vorgestellt – und finde eine in Tränen aufgelöste Rektorin vor. Eine halbe Stunde zuvor (WARUM bloß bin ich nicht früher losgefahren? Es hätte einen Toten gegeben!) ist ein Mann in ein Klassenzimmer eingedrungen, den Lehrer niedergeschlagen, eine Sechsjährige entführt und auf einem nahen Friedhof vergewaltigt.

Hintergrund ist ein entsetzlicher Aberglaube: Wenn ein Mann, HIV-infiziert, eine Jungfrau sexuell nutzt, dann wird er geheilt. Und Sechsjährige sind in der Regel eben noch Jungfrauen.

Die Rektorin ist weg vor Freude ob der angekündigten Spende, sie könne jetzt eine Mauer um die Schule ziehen und einen Wachmann engagieren. Die Summe kommt nicht ganz hin, ich rufe in Hannover an und erkläre die Sachlage. Alles klar, die fehlenden 2000.-DM werden von der Stadt gesponsort. Da das Schicken des Geldes zu lange dauert habe ich es kurzerhand auf meinen Namen mit meiner American Express abgehoben und wollte es dem Lixon, siehe oben, überreichen.

Peter warnt mich: „Klaus, das Geld ist weg, die Schule bekommt das nie!“

Ach herrje, was nun. Lixon wird wild, als er merkt, ich wolle es ihm nicht mehr aushändigen, sondern direkt der Rektorin überreichen. Das ginge nicht, das müsse über ein Stadtkonto laufen. NEIN!!

Peter organisiert in seinem Club ein Frühstück und lädt die Presse und die Honoratioren der Stadt ein zur Geldübergabe, einschließlich der Rektorin.

Nur die Presse kommt, futtert sich satt und schreibt sarkastische Artikel.

Eine herrliche Karikatur ist da: Zwei etwas Beleibte (auch Peter war der Schlankeste nicht) mit einer Geldkiste und ein Schwarzer, mit „headmaster“ (Schulrektor) unterschriftet wendet sich entsetzt ab, wehrt sich mit den Händen: „Wenn die Stadt sagt, wir haben keine Sorgen, dann haben wir keine Sorgen!“

Daraufhin eine Gegendarstellung der Stadt. Ich hätte die Herkunft des Geldes nicht ausreichend nachgewiesen. Im Klartext: Ich könne es ja irgend wo gestohlen haben.

Jetzt werde ich störrisch: Entweder es läuft nach meine Regeln oder gar nicht. Hannover angerufen, die Sachlage erklärt: „Herr B. unter gar keine Umständen das Geld an die Stadt!“, den Konsul angerufen, der gleich den Botschafter alarmiert hat, den deutschen Botschafter informiert – kurz, jetzt wird da eine echte Staatsaffäre draus.

Lixon gibt nicht nach, der stellvertretende Stadtdirektor bekommt einen fürchterlichen Rüffel und hat dann die dollsten Geschichten erzählt.

Meiner Ansicht nach will Lixon das Geld privat einkassieren. Sein Traum ist ein Haus in „Sunnyside“, einem der guten Viertel.

Die Presse tobt, ich rufe Lixon an, der gibt mir den „Befehl“, ich hätte das Geld jetzt sofort auszuhändigen und mir platzt im Beisein des Stellvertretenden Schuldirektors der Kragen und ich brülle ihn an: Er könne mich.. (die Sache aus dem Goetz von Berlichingen)

Das allerdings ist deftig, ein Afrikaner hätte das nie gewagt. Ich habe!

Inzwischen aber wurde der Druck der Regierung, die das alles mitbekommt heftig. Was da gelaufen ist, ich weiß es nicht, auf jeden Fall erfahre ich erst einmal, dass es Sache der Stadt sei, zu bestimmen, wann und wie und wo das Geld in Empfang genommen würde, sie seien ja schließlich die Beschenkten!

Ich denke inzwischen ernsthaft an Abreise. Meine Edith, die wieder in der Gesundheitsfürsorge arbeitet erzählt mir, dass sie teilweise gemobbt wird. Es ist wohl angesagt, den Weißen zu zeigen, wer Herr im Lande sei.

Jetzt schaltet sich aber ein Minister ein, der Mann, der mich zu sich in sein Ministerium als persönlicher Berater holt und zum Deutschlandkorrespondent für die Malawi News Agency ernennt.
Plötzlich gehöre ich ehrenamtlich zum Diplomatischen Dienst (Staatssekretär) der Republik.

Es kracht einmal fürchterlich, der Minister for Local Government (etwa Innenministerium) macht auch noch Dampf und plötzlich gibt es eine Schulfeier auf dem Gelände der Schule, Reden von allen Honoratioren (einschließlich Lixon, der sich vor Lob für die Deutschen fast überschlägt), Mitglieder des Parlamentes und ich überreiche den Packen Geldscheine an die Rektorin. Meine vorherige Frage, ob man ihr das wieder abnehmen könne wurde mit einem klaren NEIN beantwortet. Ich kann es nur hoffen!

Auf jeden Fall habe ich im Rathaus keinen Rückhalt mehr, aber das interessiert mich nicht.

Für den Wagen, der mir traditionsgemäß zur Verfügung steht haben die dann auch drei Wochen gebraucht. Dann soll ich, da der Club des Peters zu teuer sei (Er war, im Verhältnis zu einem Hotel sagenhaft billig) in eine billige Backpacker Lodge ziehen.

Ich melde, dass ich da nicht daran dächte, daraufhin Beschwerde der Stadt bei dem malawischen Botschafter in Bonn, ich würde mich aufführen wie ein kolonialer Feldwebel.

Es reicht, ich kümmere mich jetzt nur noch um die Feuerwehr.
Auch hier wie gehabt: Alles seit dem letzten Male nur schlimmer geworden. Die Fahrzeuge, von uns hervorragend renoviert sind Ruinen.

Die Atemschutzgeräte, in Leipzig alle, aber auch alle überprüft und so nötig, in Stand gesetzt: Ich mag es nicht glauben. Teilweise die Riemen abgerissen, weil die Guten die nicht etwa aus den Fächern nehmen, sondern einfach an den Riemen herauszerren, die Masken fast alle gesprungene Gläser, weil sie kurzerhand auf den Boden geschmissen werden. (Das war einer der Nachteile der Ex-DDR Masken, da konnte man die Gläser springen lassen)

Ich kaufe mir meine beiden Helden, die in Leipzig und Hannover für diese Dinge ausgebildet waren und frage, was das nun eigentlich solle: „Klaus, wir kommen nicht gegen den Stanford an!“

Standford, dieser elende Bursche war nach dem Tode von Francis als „acting chief“ eingesetzt, also nur temporär, bis sie einen anderen finden.

Das aber haben sie nicht und Standfort, mein alter Intimfeind, derjenige, den ich wegen seiner Sauferei und seinem Verhalten beim Waldbrand habe suspendieren lassen hat nun das Kommando. Alles aber auch alles, was ich mache wird sabotiert.

Ich scheue mich nicht, dieses dem Innenminister zu melden, aber Standford weiß um seine starke Position, er weiß, dass ihm derzeitig keiner ablösen kann.

Der Unterricht ist ein Graus, einige mit Feuereifer dabei, andere wiederum interessierte das überhaupt nicht.

Bei einer Übung, ziemlich gegen Ende meiner Zeit kann die „Number One“, der Fahrzeugführer nicht einmal die Maske vernünftig aufsetzen.

Jetzt reichte es nun wirklich, ich pfeife ihn gewaltig an. Ja, er wäre doch im Urlaub gewesen!,

Das kann nun nicht sein, ich lasse mir das Wachbuch geben und stelle fest, dass er tatsächlich die ersten beiden Wochen im Urlaub war.

Und danach? Da erscheint es ihm zu spät, noch mal etwas nachzuholen und zu lernen.

Er findet wohlwollende Erwähnung in meinem Abschlussbericht.

Die guten Feuerwehrleute, ich erwähnte sie, die haben schlicht resigniert. Bei dem Chef bringt es nur unnötigen Stress, mit eigenen Ideen zu kommen und fleißig zu sein.

Kurz vor der EXPO treffe ich per Einladung auf die neue Stadtdirektorin (Don, der Stadtdirektor war inzwischen auch tot) und kann mich nicht bremsen, ihr diese Dinge zu erzählen.
„Das ist ja interessant, ich habe auch so ein Schüsselerlebnis mit dem Kerl gehabt“

Dickes Feuer in Blantyre, der Minister für Lokale Angelegenheiten kommt zufällig auf seinem Weg in das Rathaus vorbei, lässt sich berichten und fragt, wer der kommandierende Offizier sei. Wieder nur ein Oberbrandmeister.

Auf die Frage, warum Stanford nicht an der Einsatzstelle sei hat er die Frechheit, der Stadtdirektorin zu sagen, man solle ihn gefälligst rufen, wenn man ihn brauche.

Was für paradiesische Grundbedingungen hatte ich doch, als Francis noch der Boss war!

Mir wird es langsam egal, ich lehre meinen Stoff, wer mitmacht der lernt was und die anderen sollten eben sehen, wie sie im Feuer überleben.

Irgend eine Kritik an dem Statement?? Ich habe ihnen sehr genau erklärt, warum Atemschutz so wichtig sei, warum ich hier sei, dass es meine Aufgabe sei, ihnen das Leben zu retten. Wenn sie absolut nicht wollen, dann kann ich nicht helfen.

Es gibt auch die andere Seite. Die Fahrer nehmen anfangs auch mit teil, können aber meistens dem Unterricht nicht folgen und müssen ja nach deren System nie in die Brandstelle hinein.

Also ordnet ich an: Die Fahrer ab sofort nicht mehr.
Rayson, mein Spezi aus Deutschland, der Station Officer, der mein Ausbildungsoffizier ist und hervorragende Arbeit leistet kam zu mir und erklärt, ein Fahrer hätte sich bitter beklagt, warum man ihn so diskriminiere?

Ich habe mir gleich den Mann geschnappt und eingeladen, ab sofort wieder mit einzusteigen, denn ich freue mich über jeden, der etwas lernen wolle.

Das ganze Elend hängt an diesem verdammten Stanford!
Ein Offizier soll Inspektionen für den Vorbeugenden Brandschutz machen und ich hatte einfach mal keine Lust mehr, jeden Tag das gleiche Drama, also bin ich mitgefahren.

Ich muss hier ernsthaft versichern, dass ich nicht ein unwahres Wort schreiben werde, dass die Dinge so passiert sind, wie ich sie berichte.

Es gibt kein Brandschutzgesetz in Malawi, sondern nur Richtlinien der Sachversicherer. Deshalb hat die Feuerwehr auch keine Möglichkeit, Brandschutzmaßnahmen durchzusetzen.

Alle Geschäfte größerer Art gehören Indern und denen ist es völlig egal, ob da was passiert und ob Menschen zu Schaden kommen. Das ist Tatsache, das ist eigenes Erleben und ich denke nicht daran, die dunklen Seiten zu verschweigen, nur, um keinen weh zu tun.

Die erste Fabrik ist für afrikanische Verhältnisse noch recht gut, hier übrigens ein afrikanischer Geschäftsführer, der mich heute noch für sehr intelligent hält. Das kam so: Ich frage den Portier,
was er machen würde, wenn es brennen würde? „Ich rufe die Feuerwehr!“ „Welche Nummer?“ „Das weiß ich nicht“ „Ja, und nun?“ „Dann muss ich die mir aus dem Telephonbuch suchen!“

Wir hoch zu dem Geschäftsführer, dem das Problem geschildert und einfach angeregt, auf die Wählscheiben kleine Schildchen mit der Nummer der Polizei und der Feuerwehr zu kleben. Donnerwetter, das war DIE Idee. Na bitte.

Die zweite Fabrik ist ein Neubau, wo wir Vorschläge machen sollen.

Produktionsgut: Schaumgummimatratzen.

Ich denke, der Architekt ist volltrunken, als er das Ding entwirft. Erdgeschoss Produktionshalle, EINE Tür in das Freie.

Erstes Obergeschoss mit dem Erdgeschoss durch eine Wendeltreppe in der Mitte der Halle verbunden, keine Außentreppe und es kommt noch schlimmer: Die Wendeltreppe führt nach oben in das zweite Obergeschoss, wo sich die Wohnungen der leitenden Angestellten befinden.

Brandmeldeanlagen, die zur Feuerwehr führen gibt es im ganzen Lande nicht. (Die Einsatzleitstelle der BF besteht aus zwei Telefonen und einem Funkgerät)

Als Brandschutz ist ein Wandhydrant mit Schnellangriffschlauch, jede Seitenwand einer, aber genau in der Mitte der Halle vorgesehen, dazu streitet man sich, ob denn wirklich zehn Feuerlöscher nötig seien oder ob acht auch genug seien.

Mir wird glaubhaft versichert, dass in ähnlichen Betrieben der Besitzer nachts die Hallen abschließt, damit keiner raus und gestohlenes Gut wegtragen kann.

Peter hat uns einen Empfang beim Stellvertretenden Staatspräsidenten und einigen Ministern verschafft. Der Präsident selber ist zu dem Zeitpunkt in London.

Das Parlament selber befindet sich in Zomba, ca. 80 Kilometer von Blantyre, während die Hauptstad Lilongwe ist, 340 km von Blantyre entfernt und der Präsident in Blantyre seinen Palast hat.
Etwas verwirrend? Nein, eigentlich nicht, man muss nur afrikanisch denken.

Die Straße zwischen Blantyre und Zomba ist die Beste im ganzen Lande und das kommt so:
Der Präsident kann eines Tages wegen Schlechtwetter nicht mit dem Hubschrauber zum Parlament und muss seinen Wagen nehmen. Da hat er sich durch ein Schlagloch fürchterlich den Kopf angeschlagen und schon gibt es eine perfekte Teerdecke neu!

Gut, also Empfang beim stellvertretenden Präsidenten, sehr nette Worte an mich, man sei so froh für alles, was ich für das Land getan habe (und das war mit Sicherheit ehrlich gemeint).

In meiner Dankesrede drücke ich meine Freude, dem Lande dienen zu können aus und übe gleich Kritik:

Meine Frau hat all die Jahre für die Mutter-Kind-Fürsorge gearbeitet. Sie steht sicherlich nicht so im Blickpunkt der Öffentlichkeit wie bei mir, aber sie hat einen sehr großen Anteil an meinem Tun.

Dieses übrigens hat der Landrat, der mir das Bundesverdienstkreuz überreicht sehr deutlich gesagt, als er meint, die Hälfte davon gebühre meiner Edith. Wo er Recht hat, da hat er Recht.
Seine Exzellenz beeilt sich dann auch sehr schnell, das Versäumte nachzuholen.

Leider hat dieser Tag noch einen traurigen Höhepunkt:
Ich habe mich über die schlimmen Zustände des Krankenhauses in Blantyre ausgelassen und Peter meint nur, dass es gegenüber der Klinik in Zomba eine Mayo-Klinik sei. Und er hat Recht!

Diese Klinik wurde einst von der englischen Protektoratsregierung, die ihren Sitz in Zomba hatte für ihre Leute gebaut.

Damals war der Bettenbedarf etwa 80. Heute muss die Klinik um die 270-300 Patienten versorgen, die liegen zu zweit und zu dritt in einem Bett.

Kreisende Mütter entbinden auf dem Fußboden oder einer Trage, so eine frei ist, ein deutscher Arzt versucht damals (1997) den Betrieb auch mit seinen eigenen Geldern am Laufen zu halten.

Medikamente? Für die Malaria gibt es eine Tablette Paracetamol und einmal Resochin (dort: Chlorocoin), bei den Moskitostämmen so wirksam wie ein Stück Würfelzucker (Meine Frau und ich haben beide unsere Malaria trotz bester Profilaxe bekommen. Allerdings auch schnell in den Griff bekommen, sonst wären wir heute tot).

Der Operationssaal ist ein Graus, ein uraltes Röntgengerät, Spritzkanülen werden einmal durch die Lösung gezogen und angeschliffen und immer und immer wieder verwendet.

Etwas, was mir meine Frau immer und immer wieder erzählt.

Einen Autoklaven zur Desinfektion gibt es nicht, wohl aber einen Dampfkochtopf. Es musste gehen und es geht.

Dass die ganze Mannschaft mal nach Bangwe, einer weit außerhalb liegenden Buschstation fährt und die Helferinnen das Serum vergessen haben, das passiert halt.

Auch dieses alles geht vorbei, der Abflug rückt näher, zwischen mir und der Stadtverwaltung herrscht Funkstille. Wir werden nicht einmal verabschiedet, haben wir auch nicht erwartet. Was sollten wir uns noch sagen?

Natürlich gibt es diesen Aufenthalt wieder die schönen Erlebnisse wie der obligatorische Aufenthalt im Buschcamp am Shireriver.

Hier, wie könnte es anders sein wieder ein Schlüsselerlebnis. Der Chefveterinär des Krüger National Parks (Südafrika) und sein Assistent treffen ein, um einen ausgebüxten Rhinobullen wieder einzufangen.

Der hat von der Rhinodame prächtige Prügel bezogen und voller Frust den Zaun, in dem das Pärchen mit Kalb haust niedergetrampelt und ist von dannen gestoben.

Was ein gefundenes Fressen für Wilderer wäre, also muss er so schnell wie möglich eingefangen werden, - und ich darf einen Tag mit (Die Aktion hat insgesamt eine Woche gedauert..) Mit echten Parkrangern auf eine echte Großwildjagd, dass ich das erleben durfte.

Die Wilderei ist ein großes Problem in diesen Ländern.
Ich sitze auf der Veranda des Buschcamps und sehe, wie ein paar Ranger mit einer Unmenge, es waren 700! Schlingen kommen und die in den Fluss schmeißen. Das war mal ursprünglich der Draht, der den Zaun bildet zwischen dem Wildpark und den Außenbezirken.

Die Ranger wollen die Tiere und die Bauern vor den Elefanten schützen und die Wilderer nutzen diesen Draht als willkommene Rohstoffquelle für ihre Fallen.

Tatsache ist auch, das Waldbrände oftmals entstehen, weil Wilderer den Busch anzünden. Die machen dann das so geschickt, dass das Feuer die Tiere vor sich her jagt und diese auf ihren alten Pfaden direkt in vorher installierte Fallen laufen.

In Kenia und Tansania herrscht ein erbarmungsloser Krieg zwischen den Wilderern und den Rangern.

Die Wilderer, meistens besser organisiert und vor allem besser bewaffnet treten in Banden auf und leisten sich regelrechte Schlachten mit den Wildhütern.

Es gilt ein eisernes Gesetz: Ein Wilderer, der nicht sofort und auf Anruf die Hände hoch nimmt wird erschossen.

Die besten Helfer der Parkwächter übrigens sind ehemalige Wilderer, welche die Chance, sich auf die Seite des Rechts zu schlagen und damit ein für afrikanische Verhältnisse gutes Gehalt bekommen und nun mit all den Tricks, die sie selber einst anwandten die „poacher“ jagen.

Eines muss man fairerweise sagen: Die Regierungen machen immer mehr und mehr klar, dass Tiere die große Ressource der Länder sind.

Ohne Tiere kein Tourismus, und Tourismus bringt Arbeit und Geld.

Dem Assistenten des Headrangers habe ich abends am Lagerfeuer meinen Kummer erzählt und er lacht und lacht..

Finde ich nicht gut, dann aber erklärt er mir, was ich alles falsch gemacht habe.. Er ist mit Afrikanern aufgewachsen. „Bis zu einer gewissen Grenze“, so sagte er, „sind es die besten Kumpels. Dann aber, dann musst du denen ganz klar, und möglichst von Anfang an sagen, dass du der unumschränkte Boss bist.“ Nun, er muss es wissen, er kennt ja Afrika von Geburt an.

Ein Erlebnis aber muss ich doch noch anfügen: Eine hochrangige Delegation der Handelskammern Sambia und Malawi wollen die gerade wieder reparierte Eisenbahnlinie von Malawi nach Nacala/Mozambik ausprobieren. Dieses mit dem ersten Zug, der überhaupt fährt.
Diese Delegation ist wirklich hochrangig, eine Reihe Exzellenzen, sehr viel „Kapital“.

Eines vorweg: Afrika ist arm, das ist richtig.
Das aber betrifft nur die Staaten und die normale Bevölkerung. Ansonsten gibt es unendlich reiche Gesellschaften und auch Einzelpersonen.

Während der Fahrt im Salonwagen wohne ich einer Konferenz bei, bei der es um die Schaffung eines neuen Wildparks für Touristen ging. „Die Elektroleitung dahin dürfte so um die 1 Millionen Dollar kosten“! „Langt das? Sollen wir da nicht ein wenig mehr einsetzen?“ „Und die Straße?“ „Fünf Millionen (Dollar)?“ „Einverstanden“.

Ansonsten aber ist es eine lustige Gesellschaft.

Nachts, ich habe mich schon zurückgezogen, bläst der Peter, der eine Abenteuerfahrt für Touristen plant und die Möglichkeiten ausloten will, welche Schrecken der den Gästen bieten könne wie zum Beispiel ein Überfall wilder Kriegerhorden - ein Kondom auf, hängt es an das Fenster und erklärt der mitfahrenden Dame am nächsten Tag, das sei der Klaus gewesen. Was ich nicht so doll finde.

Die Fahrt selber, eine wunderschöne Strecke durch eine urafrikanische Landschaft. Das Ganze drei Tage, Bilder die einen zum Träumen bringen.

Nacala ist ein wunderschöner Hafen am östlichen Ufer Mosambiks. Er hat nur einen Nachteil: Er war ohne Schiffe.

Mosambik hat ja gerade den entsetzlichen Bürgerkrieg hinter sich und noch traut keiner diesem Frieden. Wenn er läuft, dann wird es der Hafen werden, der, statt wie bisher Durban, wo alle Güter auf dem Landwege erfolgen müssen die große Chance als Eingangshafen für Malawi, Mosambik und Zimbabwe.

Die Eisenbahnstrecke ist noch ein Graus. Einspurig, durch den Krieg böse in Mitleidenschaft gezogen, an den Seiten noch die von den Rebellen gesprengte Güterzüge, an die sich niemand herantraut, da links und rechts der Schienen Minengebiet ist.

Zur Sicherheit fahren auf der Lok noch Wachen mit der obligatorischen Kalaschnikow mit.

Auf einer Strecke von 70 km kann der Zug nur 30 km/h fahren, weil die Schienen so verworfen sind, dass es schneller nicht geht.

Was mich so grenzenlos traurig macht:
Auf den Bahnhöfen türmt sich der Mais meterhoch in Säcken – und in Malawi sterben die Menschen an Hunger. Kein Transport.

Wenn die Eisenbahn läuft, dann wird das nicht mehr passieren. Tüchtige Händler aus Malawi fahren schon jetzt mit allem, was vier Räder hat nach Mosambik und kaufen den Mais, den sie zu teilweise horrenden Preisen in ihrem Lande weiterverkauften.

Ist es in Hannover absolut üblich, dass eine Dienstfahrt dazu genutzt wird, mal eben ein Ersatzteil für ein defektes Privatauto einzukaufen, so wurde ich oftmals gefragt; „Können wir nicht mal in Limbe (Nachbarstadt) vorbeifahren, ich habe gehört, da gibt es heute Mais?“

Dass dazu der Krankenwagen missbraucht wird, das passt mir allerdings nicht.

Es sind ja Schlitzohren: Wenn ich Offizier vom Dienst bin, dann habe ich immer ein Funkgerät am Gürtel. Sprechen die sonst nur englisch miteinander, dann höre ich den Abend nur noch Chewa.

Dummerweise habe ich mir inzwischen so minimale Grundkenntnisse der Sprache angeeignet, dass ich in etwa weiß, was die treiben – und es ihnen dann in einem Telephonat auf den Kopf zusage.

Aber zurück zu unserer Eisenbahnfahrt.
Ich schrieb es schon: Die Gesellschaft selber ist lustig. Es ist überhaupt ein Aberglaube, dass Diplomaten immer steif sein müssen.
Sind sie privat, dann neigen die genau so zu Dummheiten wie du und ich.

Die Flaschen Bier und Whisky, die dort verbraucht wurden sind Legion.

In Nacala gibt es erst einmal Krach: Die zuständige Delegation aus Mosambik, mit der ja jetzt ernsthaft über Geschäfte in zig-Millionenhöhe verhandelt werden soll lässt uns über eine Stunde warten.

Das können sich Leute in der Position unserer Delegation nicht gefallen lassen. Sie sagen ganz klar, dass nicht nur die Eisenbahnstrecke renoviert werden müsse, sondern auch das Verhalten und die Tüchtigkeit der Mosambikaner. Sozialistischer Schlendrian sei nicht erwünscht bei ernsthaften Geschäften.
Peng, das sitzt.

Oh, wie genau kenne ich das. Pünktlichkeit ist nicht die Sache der Afrikaner, in Malawi hat der Termin 10.00 Uhr immer nur einen Vorschlagcharakter. Malawitime!

Abflug, denkste. Die Malaria hittet mich, der Amtsarzt schreibt mich reiseunfähig, FAX nach Hannover. Die sind glücklich!!

Es hat aber einen Vorteil: Don kommt zurück und ich habe die Gelegenheit, ihm in epischer Breite zu erzählen. „Don, I’m really sad but no success this times!“ (“Don, es tut mir leid, aber Ziel nicht erreicht”)

Don ist sauer und verspricht, die Sache sehr genau zu untersuchen.

Ist es jetzt das Ende der Geschichte? Nein, keineswegs!

Ich bin vielleicht zwei Wochen zu Hause, da kommt ein FAX: „Klaus, was hast du mir da erzählt? Die Jungs sind fantastisch, haben doch fantastisch gelernt!“ „????“

Ich sitze noch nicht im Flieger, da haben die einen dicken Lagerhallenbrand und eine Woche später ein Höllenfeuer im dem Hotel, in dem ich sonst residiere. Da brennt der gesamte Küchen- und Speiseraumbereich und ohne Atemschutz hätten die weder das eine noch das andere halten können.

Ich sitze im Sessel, ich lese es, ich kann es nicht glauben. Nach all den Mühen? Haben die mich derart vorgeführt?? Das gibt es doch gar nicht. Dieser Mistlehrgang plötzlich ein voller Erfolg??

Ich begreife es bis heute nicht, aber es war eben so. People, that’s Africa.



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 29.03.2009 22:16 Klau7s B7., Isernhagen
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 30.03.2009 08:44 Klau7s B7., Isernhagen

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