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RubrikFeuerwehr-Historik zurück
ThemaSanitätsvorschriften für Feuerwehren im Großherzogthum Hessen von 189014 Beiträge
AutorJose8f M8., Gütersloh / NRW374725
Datum08.12.2006 16:10      MSG-Nr: [ 374725 ]10809 x gelesen

Hallo!

Da ich die Hinweise einerseits reizvoll, andererseits auch nachdenklich stimmend (da IMO immer noch aktuell) finde, anbei zu allgemeinen Bereicherung:



Sanitätsvorschriften für Feuerwehren im Großherzogthum Hessen von 1890

1. Verwundete oder Betäubte sind von der Brandstelle weg an einen sicheren Ort zu bringen

2. Bei allen Dienstverrichtungen der Sanitätsmannschaft ist jeder Zudrang ande-rer Feuerwehrmänner und des Publikums fernzuhalten.

3. Jede Feuerwehr soll mit den notwendigen Vorrichtungen und Medicamenten für den Sanitätsdienst versehen sein; Diese sind stets in vollkommenem Stand zu erhalten.

4. Blutungen und Wunden dürfen nicht dadurch gestillt werden, daß man sogenannte blutstillende Substanzen, wie Alaun, Einsenchlorid, Essig etc. in die blutende Wunde bringt.

5. Man verfahre hierbei, bis ärztliche Hilfe kommt, folgendermaßen:
Zuerst reinige man die Wunde sorgfältigst mit kaltem Wasser, nähere dann die Wundränder soweit als möglich und vereinige sie mittelst Heftpflasterstreifen. Auf die solcher Art vereinigte Wunde lege man einen Schwamm oder Char-pieballen, der dann mittels Rollbinden fest auf die Wunde gepreßt wird.

6. Ein längere Zeit angewendeter Druck mit dem Finger auf das blutende Gefäß stillt meist auch die Blutung.

7. Vor Anwendung des Heftpflasters müssen die zu beklebenden Theile gut getrocknet und alle Haare entfernt werden, da sonst das Pflaster nicht halten würde.

8. Ist auf diese Weise der Verband hergestellt, so bringt man den verwundeten Teil in entsprechende Lage, so daß die Wundränder nicht klaffen.

9. Nasenbluten erfordert aufschnupfen von kaltem Wasser, sowie kalte Umschläge auf Nase und Stirn.

10. Blutiges Erbrechen mit oder ohne Husten erfordert kalte Umschläge auf Brust und Nacken.

11. Ist ein Knochen, sei es am Arm oder Fuß, gebrochen, so stelle man den betreffenden Theil ganz ruhig, umhülle ihn mit Watte und binde ihn fest, den Arm auf Pappendeckelschienen und dann mit dreieckigem Tuch an die Brust; ist ein Fuß gebrochen, diesen an den gebunden, sind beide gebrochen, dann beide auf ein Brett und rufe ärztliche Hilfe in Anspruch, ebenso wie bei größeren, länger andauernden Blutungen.

12. Bei Brandwunden darf die in Form von Blasen hochgehobene Haut nicht abgerissen werden, wohl aber dürfen diese Blasen mit einer Nadel durchstochen und auf diese Weise ihr flüssiger Inhalt entleert werden.

13. Auf die Brandwunde lege man dann Leinwand oder besser Lint, der vorher in die Lösung von Kalkwasser und Leinöl (beide zu gleichen Theilen) getaucht war, und zwar den Lint so, daß die haarige rauhe Seite gegen die Haut zu lie-gen kommt.

14. In Ermangelung einer derartigen Lösung, benutze man reines Provencer Oel, darüber kann man noch Watte legen und ein Tuch binden.

15. Daßselbe Verhalten gilt auch bei den durch Chemikalien entstandenen Brandwunden, nur daß man die durch Säure entstandenen erst mit Wasser abspült.

16. Wenn kleine Stäubchen u. dgl. unter das obere Augenlid gerathen, faßt man dasselbe an den feinen Haaren, die am Rande des Lides hervorstehen und kehrt es dadurch um, daß man gleichzeitig mit einem stumpfen Gegenstand (Bleistift, Daumen, Federkiel etc.) auf den oberen Teil des Lids drückt. Mit ei-nem Pinsel oder Tuchzipfel ist der fremde Körper dann leicht zu entfernen.

17. Wenn der eingedrungene Körper ätzend wirkte, z. B. Kalk, glühenden Kohlen etc., so sind kalte Umschläge erforderlich.

18. Ohnmachten werden durch Anspritzen mit kaltem Wasser und Einträufeln von Hoffmann`schen Tropfen oder Essigäther auf Zucker beseitigt.

19. Einem durch Rauch betäubten (Scheintodten) müssen schnell alle eng anliegenden Kleidungsstücke gelockert werden.

20. Das sofortige Verbringen in frische Luft ist dringend geboten.

21. Der Oberkörper muß in eine erhöhte Lage gebracht werden.

22. In das Gesicht und auf die Brust des betäubten ist frisches Wasser zu spritzen.

23. Wenn die Wiederbelebung daraufhin nicht eintritt, ist schleunigst künstliche Athmung anzuwenden.

24. Die Zunge des Betäubten wird mit einer Kornzange oder einem trockenen Tuch soweit als möglich herausgezogen.

25. Man preßt dann seine Lippen fest auf den Mund des zu Belebenden und haucht mit aller Kraft seine eigene Luft in die Lungen desselben, während ein anderer Feuerwehrmann mit beiden Händen den Brustkorb des Betäubten zusammendrückend, diese eingeblasene Luft wieder auspreßt.

26. Diese künstliche Respiration muß mindestens 20-30 Minuten fortgesetzt werden, wenn die Wiederbelebung (Seufzen, Oeffnen der Augen u. s. w.) nicht eintritt.

27. Sind die Lebenszeichen eingetreten, so muß man den Kranken noch einigen Zeit restauriren, indem man alle 15-20 Minuten Hoffmann`sche Tropfen oder Aether auf Zucker oder einem Löffel Wasser einflößt.

28. Ruhige Besonnenheit, rasche aber keine überstürzende Thätigkeit ist der Sanitätsmannschaft zu anzuempfehlen.

29. Es ist zu verhindern, daß Unbefugte durch verkehrten Rath und unzeitige Hil-feleistung dem Verunglückten Nachtheil zufügen.

30. Ist der Beschädigte durch Blutverlust sehr schwach geworden, so kann er durch einige Schluck Wein oder Branntwein erquickt werden.

31. Außerdem sollen dem Patienten keine geistigen Getränke als Bier, Liquere, Wein, Branntwein nach seinem Gutdünken gestattet werden.

32. Bei schweren Verwundungen ist das Verabreichen jeder Art von Speisen bis zum Eintreffen des Arztes zu vermeiden.

33. Weder durch Worte noch durch Geberden darf der üble Eindruck kundgegeben werden, welchen der Zustand des Beschädigten möglicherweise hervorrufen kann.


Zur Erläuterung, da ich schon über ein paar Begriffe gegoogelt habe:

Lint
einseitig gerauhtes, weiches, saugfähiges Gewebe aus Baumwolle für klinischen Einsatz.

Charpie
altfr. von lat. carpere zupfen, gezupfte Leinwand.

Bis etwa 1870 war das gebräuchlichste Verbandmaterial die so genannte Charpie. Sie wurde aus sauberem altem Leinen hergestellt, das erst in Stücke geschnitten und dann sorgfältig zerzupft wurde .Charpie-Zupfen gehörte nicht nur zur üblichen stumpfsinnigen Beschäftigungstherapie in psychiatrischen Anstalten, sondern war in Kriegszeiten eine der Aufgaben der Frauen an der Heimatfront. Seit 1850 suchte man nach Alternativen aus Baumwolle. Das Problem aber war, dass diese nicht be-sonders saugfähig war.
Der Tübinger Chirurg Viktor von Bruns(1812?1883) machte sich auf die Suche nach
der Ursache der geringen Saugfähigkeit und wandte sich an den Tübinger Apotheker Schmid in der Neuen Straße (spätere Trappsche Apotheke).Sie stellten fest, dass die Baumwollfäden von einer wachsartigen Substanzumkleidet waren, die man aber durch Kochen mit4%iger Sodalösung ablösen konnte. Die so entfettete Baumwolle war für Bruns das ideale Verbandmaterial.
.Die Firma Paul Hartmann in Heidenheim und die Fabrik H.Th.Bäschlin in Schaffhau-sen (ab 1871?Internationale Verbandsstoffabrik?) stellten diese Watte ab 1871 fa-brikmäßig her. Bruns selbst war an der Fabrik Bäschlin beteiligt ?ein frühes Beispiel für die Zusammenarbeit von Universität und Industrie! (Text:Albrecht Hirschmüller)



Olivenöl (Baumöl, Oleum olivarum), aus den Früchten des Ölbaums (Olea euro-paea) gewonnenes fettes Öl. Die reifen Früchte werden auf Mühlen zermalmt, ge-preßt, die Preßkuchen mit etwas heißem Wasser abermals gepreßt, worauf man den Preßrückstand in heißem Wasser zerteilt, das Fruchtfleisch von den schweren Ker-nen absondert, eintrocknet und zum drittenmal preßt. Die letzten Preßkuchen enthal-ten noch viel Öl, welches durch Extrahieren mit Schwefelkohlenstoff gewonnen wird (Sulfuröl, Pulpaöl). Bisweilen überläßt man die Früchte vor dem Pressen einer leich-ten Gärung, und in Tunis bringt man die zerquetschten Oliven in Wasser, schöpft das ausgeschiedene Öl ab und preßt den Rückstand. Nach allen Methoden erhält man zuerst ein sehr feines Öl (Jungfernöl) von grünlicher Farbe und dem Geruch und Geschmack der frischen Frucht. Dann folgen die gelblichen Speiseöle, von denen das Provencer (Aix, Grasse), das Genueser und Luccaer am feinsten sind.. ? Provencer Öl ist wenig gefärbt oder goldgelb, fast geruchlos, von mildem Geschmack, setzt un-ter +5° weiße, körnige Massen ab, erstarrt bei +2°, spez. Gew. 0,915?0,920 bei 17°, besteht aus Olein (72 Proz.), Stearin und Palmitin, ist sehr wenig löslich in Alkohol, in 1,5?2,5 Teilen Äther, trocknet nicht an der Luft und brennt mit heller, rußender Flamme; es wird leicht ranzig, hält sich aber in ganz gefüllten, verschlossenen Flaschen an einem kühlen, dunkeln Ort.


Don`t use excessive force.

Get a bigger hammer!

Gruß

Jo(sef) Mäschle

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